Dragon Age Inquisition: Kritik – Trügt der Schein?

Ich kann mich nicht erinnern, je verzweifelter an einem Text gesessen zu haben, wie an diesem hier. Meine Gedanken kreisen wie wild um die letzten 50 Stunden die ich in das neues Rollenspiel von Bioware investiert habe, und meine Meinung versteckt sich gerade ängstlich im Wandschrank, verharrt dort unschlüssig und verwirrt. Eigentlich ist Dragon Age Inquisition ein Spiel, für das ich aus vollem Herzen Vorfreude genossen habe. Und eigentlich ist es auch ein Spiel, dass scheinbar mit allen möglichen Mitteln versucht mir zu Gefallen. Eigentlich. Aber die Realität sieht für mich leider anders aus. Darauf lege ich mich fest, in diesem Moment, in denen ich diese Worte niederschreibe.

Meinung trifft auf Meinung

50 Stunden können lang sein. Ein Blick in ein Video-Walkthrough hier, ein Lausch in einen Themenpodcast da, und ein rascher Einblick in diverse Online-Spielerezessionsportale dort zeigen einem dabei noch während des eigenen Durchspielens, wie zugleich der Blick der Mitwelt auf die Dinge aussieht. Ab und zu erkannte ich meine eigenen Probleme und Ansichten wieder, oftmals machte sich aber auch nur das Gefühl in mir breit, dass ich dieser eine Typ war, der vor dem, in der großen Galerie ausgestellten Portrait steht und der, so schief er seinen Kopf auch nur legte: Das Große und Ganze im Bild einfach nicht erkannte. Das mag jetzt alles sehr kryptisch klingen, und das ist es wahrscheinlich auch für jeden, der keinen Einblick in mein Gehirn hat. Vereinfachen wir das Ganze also einfach mal.

Ich würde mich nicht als riesigen Dragon Age Fan bezeichnen, bei weitem nicht. Als Freund von Bioware Spielen allerdings schon. Teil eins habe ich mit großer Freude gespielt und auch wenn sich manche Stellen wie Kaugummi gezogen haben, war die Mischung aus Dialogen, Spielwelt, Erkunden, RPG-Elementen und allgemeinen positiven Gefühlen sehr unterhaltsam und bereitete mir eine riesige Freude. Teil zwei habe ich nicht angefasst, zu negativ war mir hier die Rezeption schon im Vorhinein und auch Grafisch sowie Technisch wirkte alles altbacken und angestaubt. Mit dem Aufkommen der neuen Konsolengenerationen ließ nun also auch Teil 3, beziehungsweise Inquisition nicht allzu lange auf sich warten. Das erste Material beeindruckte mit einer schönen Optik und farbenfrohen sowie offenbar sehr weitläufigen Gebieten und erzeugten dabei eine gewissermaßen hohe Erwartungshaltung.

 Verkürzen wir nun um ein weiteres Level: Dragon Age Inquisition ist eine Enttäuschung. Ich würde sogar sagen, dass es eine Enttäuschung für das ganze Rollenspiel-Genre ist. Und ich hoffe inständig, dass RPG’s, natürlich besonders RPG’s von Bioware bei zukünftigen Titeln nicht den Geist von diesem Titel aufnehmen sondern mit eigenständigen und hoffentlich auch neuen Identitäten um die Ecke kommen werden. Was hat Inquisition also an sich, dass es für mich in solch schlechtem Licht dasteht? Müsste ich es in einem Wort zusammenfassen, wäre es: Beliebigkeit. Das Spiel schaffte es einfach nicht, sich über den Status „joa, ist ganz nett“ hinwegzuhieven und so führte die Summe von VIELEN, VIELEN einzelnen Negativpunkten dazu, dass ich mich mit jeder kommenden Spielstunde mehr und mehr durchquälen musste.

Aufgaben zum Einschlafen

Wären wir im mathematischem Bereich, würde ich sagen, dass die erste Ableitung der von mir erwähnten „Beliebigkeit“ die misslungenen Nebenquests sind. Selten habe ich dermaßen uninspirierte und schlecht Inszenierte Nebenmissionen erlebt wie hier. Nicht nur, dass es in jedem Gebiet unzählige Sammel- und Komplettierungsaufgaben zu bewältigen gibt (z.B. Lager finden, Scherben finden, Risse schließen), die Aufgaben werden auch zum größten Teil schlecht in Szene gesetzt und sind öde gestaltet. Leider wurde bei der Quantität dieser Aufgaben nicht gespart, was die „Beliebigkeit“ dessen erneut in den Vordergrund rückt. Hätte man hier mehr auf Qualität geachtet und die ein oder andere komplexere und emotionalere Mission eingebaut, wäre das Ganze bei mir wahrscheinlich besser angekommen.

Als ich schließlich realisiert hatte, dass das Erledigen von Nebenaufgaben für mich nicht viel hergab, machte ich mich dran zumindest die Hauptquest zu verfolgen und zu ihrem Ende zu führen. Was spannende Storyentwicklungen und episch inszenierte Zwischensequenzen angeht, hatte Bioware mich in Vergangenheit zumindest selten Enttäuscht. Aber auch hier war alles irgendwie nicht ganz das, was ich mir erwartete. Immer mal wieder gab es zwar spannende Momente des Mitfieberns, aber sowohl die eigentliche Geschichte, als auch Bösewichte und deren Motive wirkten oft wenig inspiriert, klischeebeladen und einfach gestrickt.

 Auch der Umgang mit den Partymitgliedern schien weniger gelungen implementiert worden zu sein, als noch in vorigen Titeln. An vielen Stellen fühlte sich das Kennenlernen von neuen Charakteren wenig organisch sondern vielmehr künstlich und schnell dahingeschludert an. Und auch wenn sicherlich einige interessant geschriebene Charaktere vertreten waren, war die Interaktion untereinander im Team relativ leblos. Schade Bioware, das habt ihr schon besser hinbekommen!

Substanzlose Glitzerwelt

Kommen wir zu einem weiteren essentiellen Punkt eines Rollenspiels: Die Spielwelt. Gefüllt mit all diesen beliebigen, bereits genannten Aufgaben und mit Erzen und Kräutern zum Abernten an jeder Ecke, kommt man in Inquisition kaum einen Meter voran, ohne dem inneren Sammeltrieb zu widerstehen. So verkommen die vielfältigen und auch vielzähligen Welten, die zwar Optisch einiges hergeben und auch vom reinen Levelaufbau in meinen Augen um Längen gelungener sind als bei Origins, leider zu bunten Spielplätzen ohne Seele. Orte die nur darauf warteten, dass sich im Hintergrund eine Leiste füllt oder sich eine Zahl einem festgelegten Maximalwert annähert.

Dragon Age Inquisition ist ein überladenes Spiel. Gefüllt mit einem Haufen Kram den niemand braucht, künstlicher Spielstreckung und Elementen die oft eine Komplexität vortäuschen die nicht vorhanden ist. Ein Beispiel dafür ist der Kartentisch, an dem ihr eure bereisbaren Gebiete betrachten könnt. Gefüllt ist der Tisch mit unzähligen Stecknadeln, die Orte anzeigen die ihr nicht besuchen , aber zu denen ihr verschiedene Teile eurer Streitkräfte, Diplomaten oder Späher schicken könnt. Klingt spannend oder? Auswirken tut sich das Ganze dann so, dass wie in einem Free2Play-Spiel eine Zeituhr auf Null runterläuft. Ist die benötigte Zeit vorbei, kommt euer gesendeter Verbündeter wieder zurück und ihr bekommt für passive Boni einsetzbare Einflusspunkte oder etwas ähnlich unbrauchbares.

 
Ein kleines Lob muss ich Dragon Age Inquisition dann aber doch noch aussprechen. Mit dem neuem Kampfsystem, das auch auf der Konsole locker von der Hand geht, hat Bioware es tatsächlich geschafft eine beinahe perfekte Wage zwischen Echtzeit und bei Bedarf auch komplexeren Spielzügen zu halten. Trotzdem muss ich anmerken, dass nach meinem Gefühl mit den gebotenen Skill-Trees der verschiedenen Klassen keine sonderliche Tiefe aufkommt, und sich die Taktikansicht daher auf simples „du attackierst den hier, und ich attackiere den hier“ reduziert. Wunderschön fand ich auch die Palette an Rüstungen und Waffen, mit denen man sich im Spiel ausrüsten kann. Das Looten bereitet viel Freude und die Items sind alle fabelhaft modelliert.

Dragon Age Inquisition macht es einem wahrlich nicht leicht. Seine Hülle glitzert und funkelt, sein Gerüst steht gespannt da und wartet eigentlich nur darauf mit coolem Kram gefüllt zu werden. Und genau das schafft es meiner Meinung nach nicht. Zum Einen hätte dem Spiel Qualität statt Quantität oftmals besser getan, zum Anderen sind Nebenmissionen meist langweilig und schlecht inszeniert, währenddessen leider auch die Hauptstory nicht mit den gleichen epischen Momente auftrumpfen kann, die man von Bioware mittlerweile eigentlich gewohnt ist. Das Finale, das auch eher schlapp wirkte und bei dem kaum bis gar keine Spannung aufkam, gab dann zumindest mir die endgültige Bestätigung, dass ich Dragon Age Inquisition unterm Strich Wohl oder Übel als Enttäuschung einordnen muss. Zumindest hat meine Negativ-Erfahrung eine gute Sache an sich gehabt: Umso mehr liegen meine Erwartungen nun in den Händen von CD-Projekt, die in wenigen Monaten mit einem weiteren Rollenspiel-Kracher unter Beweis stellen wollen, wer der RPG-König ist. Bitte, bitte, The Witcher 3, werde gut.

P.S.: Ach ja, und wer ist bei Inquisition eigentlich auf die Idee gekommen, dass man zum Fortführen der Hauptquest eine gewisse Anzahl von Punkten haben muss, die man nur bekommt wenn man die schnarchigen Nebenquests erledigt, was ich ja eigentlich vermeiden wollte!!! 40 Punkte sammeln dauert!!!

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