Die E3, die große Electronic Entertainment Expo ist mal wieder voll im Gange, beziehungsweise zu diesem Zeitpunkt gerade in ihren letzten Zügen. Als Videospielenthusiast hat man jene Veranstaltung und ihre ausschweifenden Pressekonferenzen von Sony, Microsoft und co. als eine der wenigen Konstanten dieses wandelhaften Mediums abgespeichert und begibt sich Jahr für Jahr auf die große Pilgerfahrt in die jeweiligen Twitch-Livestreams, in der Hoffnung von DER großen, neuen Ankündigung umgehauen zu werden. Ist dieser Effekt im Jahr 2016 bei mir eingetreten? Jein. Als völlig enttäuscht kann ich meine Reaktion auf die verschiedenen Veranstaltungen nicht bezeichnen, aber im Vergleich zu den letztjährigen Präsentationen, bin ich ein klein wenig ernüchtert.
An den Titeln selbst liegt es allerdings eher weniger. Vor allem das Line Up von Microsoft und Sony haben mich grundsätzlich zufrieden gestimmt, die Titel wurden oft kurz und knackig, ohne viel Firlefanz präsentiert und haben zumindest bei mir in vielen Fällen für Vorfreude gesorgt. Auf fünf dieser Titel werde ich jetzt ein wenig genauer eingehen und schließlich damit enden, was mir dieses Jahr vielleicht gefehlt hat.
Entwickelt vom Studio Compulsion Games, die schon für den Plattformer „Contrast“ verantwortlich waren, kommt „We Happy Few“ als abgefuckte Dystopie einer alternativen 60er Jahre Parallelgesellschaft daher. Der Trailer, der während der Präsentation der Microsoft Pressekonferenz gezeigt wurde, weckte bei mir zumindest vor allem Erinnerungen an „Bioshock“. In der gezeigten Spielwelt scheinen jegliche Charaktere durch den Konsum der Droge „Joy“ die reale Welt inklusive aller verstörender Aktivitäten ihrer Gesellschaft (zum Beispiel das Totschlagen von Ratten, dass durch die Droge als Zerstörung einer Piñata wahrgenommen wird) auszublenden und jegliche Leute zu verfolgen, die sich gegen Joy erwehren. Und da kommt ihr ins Spiel; Ihr spielt einen sogenannten Downer, jemand der die Finger von der Heile-Welt-Droge lässt und deswegen um sein Leben bangen muss. Klingt alles relativ spannend und könnte eine atmosphärisch dichtes Survival-Spiel werden, auf das ich zu diesem Zeitpunkt richtig Lust habe.
Keiji Inafune, der auch bald mit „Mighty No. 9“ an den Start geht, hat für Ende dieses Jahres ein weiteres Spiel in der Pipeline: Recore scheint ein hübsch aussehendes 3rd-Person Actionspiel zu werden, mit Shooter- sowie Plattformer- und auch Rätseleinlagen. Das Design von Welt und Figuren wirkt auf mich durchgehend ansprechend und auch der „Clou“ des Spiels, also sich Unterstützung von diversen, unterschiedlichen Robotergestalten holen zu können, scheint eine nette Idee zu sein. Recore wird vielleicht nicht das „Next Big Thing“, aber es könnte ein durchaus kurzweiliger Trip in die mechanische Wüstenwelt werden.
Rare ist zurück. Und das mit einem Piratenspiel. Ein Piratenspiel, das offenbar all das zu vereinen scheint, was man sich bei einem Abenteuer auf hoher See wünschen würde. Epische Seeschlachten, eine immersive First-Person Steuerung, Multiplayer und die Aufteilung von verschiedenen Aufgaben auf Deck, einsame Inseln, und, und, und. Sea of Thieves erscheint vor allem mit einer guten Crew ein Garant für stundenlange, gemeinsame Sessions zu sein, bei denen man entweder dramatische Teamkämpfe bei Wellengang um sein virtuelles Leben führt, oder bei malerischer Kulisse und untergehender Abendsonne gemeinsam neue Welten erkundet.
Hierzu gibt es leider nicht viel zu sagen. Angekündigt wurde „Observer“ auf der PC Gaming Show, der Titel kommt vom gleichen Entwickler, der schon für „Layer of Fear“ zuständig war. Der erste Teaser lässt eine Horror/Thriller Atmosphäre vermuten und die offizielle Beschreibung sagt folgendes aus: “You play as a detective and observer and use your skills to scan the environment and hack player’s fears.”
Klingt auf jeden Fall interessant und könnte ein netter Sci-Fi Titel mit Indiecharme und Schockerpotenzial werden. Ich bin zumindest gespannt und werde „Observer“ im Auge behalten.
Und damit zum letzten Titel. Kojima ist zurück, wie er selbst auf der Sony Pressekonferenz verkünden ließ, woraufhin er vom tosenden Publikum mit einem gigantischen Beifall begrüßt wurde, der einer Auferstehung oder der Erscheinung eines Messias gleichkam. Mit im Gepäck hatte er einen ersten Appetitmacher für sein kommendes Projekt, bei dem, Überraschung, auch Norman Reedus wieder mit an Bord ist. Mit seiner kryptischen Bildsprache ließ der Teaser von „Death Stranding“ sicherlich mehrere Kinnladen runterklappen und die Spielergemeinde kollektiv „What the Fuck“ ausrufen. Und das ist verdammt nochmal gut so. In einer Zeit, in der Titel sich immer mehr ähneln und inflationär benutzte Mechaniken einem langsam zum Halse raushängen, scheißt Kojima einfach mal auf Massentauglichkeit, oder dem Anspruch, dass jeder seine Botschaft direkt verstehen und mögen muss. Als einer der wenigen letzten Künstler und Visionäre in diesem Medium, welcher Kojima ist, muss man ihm, auch wenn man mit seinen Titeln nichts anfangen kann, zumindest einen gewissen Respekt attestieren. Ich persönlich bin wahnsinnig gespannt, auf „Death Stranding“, habe den Trailer als absolut faszinierend und auf eine gewisse Art auch berührend empfunden und bin von daher begierig auf alle Infos, die uns in Zukunft von Kojima‘s neuem Baby erwarten werden. Von diesem Mann kann man zurecht, großes erwarten
Also: Es gab viele Titel zu sehen, für alle Geschmäcker wurde etwas geboten und man dürfte eigentlich nicht enttäuscht aus der diesjährigen Veranstaltung rausgehen. Was mir allerdings ein wenig gefehlt hat, waren die tatsächlichen Überraschungen. Mit der E3 assoziiere zumindest ich die Ankündigung von Spielen, die man nicht auf dem Schirm hatte, neue beeindruckende IPs, die mich für die nächsten 12 Monate in Vorfreude versinken lassen. Ich würde jetzt nicht direkt sagen, dass es diese Titel nicht gab, aber vieles, was wir dieses Jahr geboten bekommen haben, wurde erstmals bereits auf den letztjährigen Pressekonferenzen angekündigt, oder war schon im Vorfeld bekannt. Momente wie beim erwähnten „Death Stranding“ oder auch beim tatsächlich überraschenden „Resident Evil 7“ waren leider ein wenig spärlich gesät. Aber wie gesagt, ich möchte mich nicht beschweren. Sieht man sich die Liste der Spiele an, so findet man genügend Titel, auf die man sich scheinbar zurecht freuen kann. Und das macht selbst mich, als grummeligen Vielnörgler, was Videospiele angeht, glücklich.