Green Room – Kritik/Review: Todeskampf im Nazi-Schuppen

Quelle: Universum

Eingesperrt, in einer abgelegenen, runtergekommenen Kneipe, irgendwo in den Wäldern Oregons, in der Hand einer gewaltbereiten Nazi-Gang. Als die Punkband „The Ain’t Rights“ sich aus Geldgründen gezwungen sieht in jener, mit rechtsradikalen Gestalten gefüllten, zwielichtigen Rockerbar einen Gig anzunehmen, scheint es nicht lange zu dauern, bis die Geschehnisse beginnen, aus dem Ruder zu laufen. Die Story von Jeremy Saulnier’s neustem Streich „Green Room“ ist schnell erzählt. Nach besagtem Auftritt werden die Punker ungewollt Zeugen eines brutalen Mordes im Backstage-Raum, in dem sie anschließend von der Neonazi-Gruppierung, die von der Situation ebenfalls überfordert zu sein scheint, als Geisel genommen werden.

Punks gegen Neo-Nazis
 

„Green Room“ ist zwar kein direktes Kammerspiel, bietet mit seinem begrenzten Setting allerdings den Flair eines solchen. Schockierend, unvorhersehbar, brutal und nervenaufreibend, das alles sind Attribute, die man dem Genrefilm mit Grünstich anrechnen kann. Gespickt mit psychologischen sowie physischen Konfrontationen wiegt einen „Green Room“ immer wieder in vermeintliche Sicherheit und Überlegenheit seitens der Protagonisten, nur um dann ein Bild der eiskalten und unverzeihlichen Realität zu präsentieren, welches die aktuelle Situation wieder um 180 Grad dreht. Als finsterer Gegenpol und Antagonist der ums Überleben kämpfenden Punkband fungiert kein geringerer als Patrick Steward, in seiner Rolle als Nazi-Oberboss Darcy. Obwohl ungewohnt, funktioniert die Schauspiellegende überraschend gut in der Rolle als Ruhe ausstrahlender Fiesling mit Gewaltpotenzial. Auch die restlichen Darsteller (unter anderem der kürzlich verstorbene Anton Yelchin) bieten eine überzeugende Leistung, der Kampf um Leben und Tod, in dem es während der 95 Minuten größtenteils geht, wird bedrückend und authentisch wirkend dargestellt.

Dabei scheut sich „Green Room“ auch nicht vor extremen Gore-Momenten, die ebenso plötzlich wie explizit auftauchen und dargestellt werden. Was wir hier geboten bekommen, ist ein Film, der seinen Fokus auf das menschlichste aller Verlangen legt. Das blanke Überleben. Die Kämpfe werden dabei fantastisch inszeniert und bieten eine Menge Varianz was das Vorgehen der Protagonisten angeht. Trotz der scheinbaren Unterlegenheit seitens der Punkrocker schafft es „Green Room“ uns konsequent mitfiebern zu lassen und bis zum Ende einen perfekten Spannungsbogen zu generieren.
Auch wenn der Film im Grunde lediglich in einer erweiterten Bar spielt, schafft es „Green Room“ ein Gefühl für das eingegrenzte Setting zu erzeugen und den begrenzten Raum sinnvoll in spätere Kämpfe zu integrieren. Dabei ist die Anzahl der tatsächlichen Kämpfe an zwei Händen abzuzählen, viel mehr im Mittelpunkt stehen der stetige Spannungsaufbau und ein Gefühl von gegenseitigem in Schach halten. Bewaffnete Menschen stehen sich gegenüber, einen richtigen Plan scheint keiner zu haben und erneut zeigt sich; es geht nur darum, wer hier am Ende lebend raus marschiert.

 

Quelle: Universum

 
Hauptsache überleben
 

Würde man nach Kritikpunkten suchen, könnte man sagen, dass die menschlichen Dramen ein wenig zu kurz kommen, die Protagonisten werden sehr schnell und oberflächlich eingeführt, wir wissen nicht viel über sie und es könnte uns eigentlich egal sein, ob sie diese Höllenerfahrung Lebend überstehen oder nicht. Allerdings fiel zumindest mir dies erst auf, als ich nach den adrenalinbepackten 95 Minuten das erste Mal wieder Luft holte und mir ein paar Gedanken im Nachhinein machte. „Green Room“ stellt den Überlebenskampf der Gruppe dermaßen in den Vordergrund und präsentiert diesen ebenso fantastisch, dass der Makel in der Charakterisierung der Protagonisten beim Anschauen in den Hintergrund rückt. Ein klein wenig enttäuscht war ich allerdings doch von Patrick Stewards Rolle. Seine Szenen sind zwar großartig geschauspielert und seine Texte überzeugend geschrieben, aber besonders im letzten Drittel hätte ich seine Rolle als weitsichtiger eingeschätzt und wäre nicht abgeneigt gewesen, hätte man seiner Figur ein zwei Prisen „Badass-igkeit“ hinzugefügt.

Trotzdem ist „Green Room“ ein Film, den man sich unbedingt ansehen sollte, vor allem, wenn man Fan solcher Genrefilme ist. Auch wer mit Saulnier’s Vorgängerwerk, „Blue Ruin“ etwas anfangen konnte, wird hier mit ähnlicher Bildsprache bedient, auch wenn die direkten Vergleiche der beiden Filme zumindest mir weniger stark erschienen, als vielerorts Online behauptet wird. Mit seinen 95 Minuten bietet der Film eine perfekte Länge für kurzweilige Thriller/Horror-Unterhaltung. Hier werden wenig bis gar keine Klischees bedient, was „Green Room“ erfrischend unvorhersehbar macht und damit für große Survival-Unterhaltung sorgt, mit fantastischem Cast, flotten Dialogen und keiner überflüssigen Sekunde. Wer Regisseur Jeremy Saulnier bis jetzt nicht auf der Uhr hatte, sollte das nach „Green Room“ definitiv ändern.

8/10

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