Strange Arrivals and where to find them – Triple Review

Wenn es einen Vorsatz gibt, den ich mir selbst ständig mache, ist es Folgender; ich würde ja gerne viel öfter ins Kino gehen. Vor allem Indiestreifen mit Untergrund-Flair, die in meiner Wohngegend durchaus angeboten werden, vernachlässige ich oft sträflich und stecke am Ende des Tages doch lieber den großen Hollywood-Konzernen mein Geld in den Rachen, damit das zukünftige Sortiment an Superhelden-Filmen ein weiteres Mal vervielfacht werden kann. Schön blöd! Da darf man sich dann eigentlich auch nicht beschweren, wenn weichgespülte, standardisierte Hollywood-Produktionen mit Millionenbeträgen die weltweiten Kinokassen dominieren und damit entscheidend für die Prägung unserer modernen Filmkultur verantwortlich sind.

Ich war in den letzten Wochen tatsächlich mal wieder öfter im Kino. Dabei ist genau dieser, von mir gerade beschriebene Prozess eingetreten. „Dr. Strange“, „Phantastische Tierwesen“ und „Arrival“ waren dabei jeweils die Objekte meiner kinematographischen Begierde. Ein Film in dieser Auflistung war tatsächlich sehr gut, die beiden anderen empfand ich als eher mittelmäßig. Wer gängige Filmblogs und die allgemeine Kritiker-Rezeption im Netz verfolgt, wird sich vielleicht schon denken können, welcher dieser drei Titel es mir besonders angetan hat. Machen wir es allerdings noch ein wenig spannend.

© Disney/Marvel

 

Dr. Strange

Mit schweifendem Umhang und der Kraft der Magie bewaffnet agiert der Held des Films, dessen Sichtung mittlerweile tatsächlich am längsten zurückliegt. Ehrlich gesagt mach ich mir gerade in diesem Moment sorgen, ob meine Erinnerung an den Streifen ausreichend sind, um ein umfassendes Bild über den „Sorcerer Supreme“ und seine ganz persönliche Origin-Story abzugeben. Die Rede ist natürlich von „Dr. Strange“, auch wenn die einleitenden Worte für bewusste Verwirrung gesorgt haben könnten. Auch in „Fantastische Tierwesen“ wird bekanntermaßen gezaubert, fungiert der Film doch als Spin-Off Story innerhalb des Kosmos unseres Lieblings-Stirnnarben-Gesichts Harry Potter. Jahrzehnte bevor Voldemort seine Schreckensherrschaft anstrebt, wird uns hier die Geschichte von Newt Scamander erzählt, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, durch die Welt zu reisen und die verschiedensten exotischen magischen Geschöpfe des Globus zu kategorisieren. Auch wenn der CGI-Zeiger sowohl in „Dr. Strange“ als auch in „Phantastische Tierwesen“ gelegentlich die Anzeigetafel des gerade-so-erträglichen sprengt, teilen sich die beiden Streifen thematisch außerhalb der gemeinsamen Zauberei-Vorlieben allerdings nicht sonderlich viel.

Dr. Strange, gespielt von Benedict Cumberbatch, spielt seine Rolle des arroganten, egozentrischen Chirurg mit folgenreichem Schicksalsschlag wenig überraschend sehr gut und trägt den Film zu großen Strecken durch seine beeindruckende Präsenz. Besonders die ersten 20 Minuten, welche für Marvel-Verhältnisse angemessen dramatisch rüber kommen und eine interessante Charakterisierung bieten, gefielen mir sehr und zeigten, wie erfolgreich abseits vom allseits bekannten Krachbumm-Gewitter in Comicverfilmungen spannende Charaktere aufgebaut werden können. In seinem letzten Drittel gleitet „Dr. Strange“ jedoch in die gleichen Problemfelder, die ich auch bei manch anderen Marvel-Produktionen erkenne. Eine überzeichnete und über alle Ausmaße gewaltige Gefahr für unseren Protagonisten bedroht ihn und gleichzeitig auch den ganzen Planeten, sodass durch diese bewusste Ausreizung der „Gefahr“ das eigentliche Gefühl für eben diese beim Zuschauer, in dem Fall mir, verloren geht. Ein Dutzend Superheldenfilme mit ähnlichen Plots sorgen leider dafür, dass der Überraschungseffekt hierbei oft flöten geht.

Wenn Strange also in diesen letzten 20 Minuten versucht den Planeten Erde zu retten, wie es vor ihm schon zahlreiche seiner ihm noch unbekannten Kollegen vorgemacht haben, dann sitze ich nicht angespannt im Kinosessel und kralle mich an den Lehnen fest, sondern gebe höchstenfalls ein anerkennendes Nicken ab, wenn im finalen Bombast die ein oder andere pfiffig umgesetzte Idee versteckt ist. Auch wenn ich das Ende stellenweise durchaus nett fand, so gefiel mir die erste Hälfte des Films doch größtenteils besser als die Zweite. Hervorheben sollte man jedoch trotzdem noch die Kampfsequenzen, die trotz Inception-Vergleiche, was die sich umkippenden Welten betrifft, oftmals sehr kreativ umgesetzt sind und vor allem durch die teils noch unentwickelten Kräfte Stranges und seiner folgerichtigen Unterlegenheit, an Spannung gewinnen.

© Warner Bros.

 

Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind

Das Problem mit dem Übermaß, hatte ich ebenfalls in „Phantastische Tierwesen“. Ähnliche Kritikpunkte, kann man tatsächlich auch hier anwenden. Der Anfang ist in der Tat „fantastisch“, es gibt eine flott verlaufende Anfangssequenz, Newt wird uns humor- und liebevoll als unser Protagonist eingeführt und man wird erfolgreich wieder in eine Welt gezogen, mit der man nun seit mehr als 5 Jahren abgeschlossen hatte. Das World-Building funktioniert hier mal wieder grandios, detailreiche Szenerien, die vor hintergründigen Narrationen nur so strotzen gibt es in „Phantastische Tierwesen“ en masse, wodurch die Glaubhaftigkeit der magischen Welt extrem zur „suspension of disbelief“ beiträgt. Man fühlt sich in kürzester Zeit wieder richtig heimisch, wozu auch der träumerische und Erinnerungen wachrufende Soundtrack von James Newton Howard einen erheblichen Anteil leistet.

Über weite Strecken hinweg bietet „Phantastische Tierwesen und wo wie zu finden sind“ ein sehr unterhaltsames pacing mit einer gelungenen Mischung aus comic relief, Spannung und gewitzten Dialogen. Vor allem die Chemie zwischen Newt und Jacob Kowalski, seinem nichtmagischen unfreiwilligem Begleiter, bereitet viel Freude. Verloren hat mich der Streifen dann allerdings etwas in seinem letzten Drittel, als die im Film gestrickten losen Enden zum einen nicht ganz überzeugend und zum anderen wenig emotional zusammengefügt wurden. Die parallel zu Newt verlaufende Geschichte welche hierbei gipfelt, bot zwar manch nette Momente, jedoch wurde ihre Dramatik der zur Verfügung stehenden screentime nicht ganz gerecht. Als ebenfalls etwas ermüdend erschienen mir ab einem gewissen Punkt die eigentlichen Stars des Films, die phantastischen Tierwesen. Dafür, dass der Film noch einige Nachfolger bekommen soll, ist mir fraglich, wieso man bereits in diesem ersten Teil einen solchen Overflow an Geschöpfen präsentiert. Sicher wird es Fans geben, die gerade das loben werden, aber meiner Ansicht nach, hätte es nicht geschadet, die eine oder andere hektische Monsterjagd rauszuschneiden.

Alles in allem ist „Phantastische Tierwesen“ dennoch ein sehr unterhaltsamer Film, der an den Kinokassen wahrscheinlich schon wegen seines großen Namen granatenartig einschlagen wird. Harry Potter Fans werden sicher größtenteils auf ihre Kosten kommen, auch wenn mit dem ersten Teil von „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ klar wird, dass die hier erzählte Story leider nicht ganz an die Qualitäten eines Harry Potters anschließen kann und der Fokus hier ein mehr Hollywood-esquer und unterhaltsamerer zu sein scheint.

© Sony Pictures

 

Arrival

Kommen wir endlich zum wahren Highlight. Der Rohdiamant, auf den ich schon seit geraumer Zeit gespannt war. „Arrival“. Die Story ist schnell erzählt – 12 Alienraumschiffe in Form von halben, ellipsenähnlichen Kugeln landen eines Tages an verschiedenen Orten der Welt. Die Linguistin Louise Banks, gespielt von Amy Adams soll Kontakt zur fremden Rasse aufnehmen, ihre Sprache lernen und herausfinden, warum sie hier sind. Das Science-Fiction-Drama ist für einen Film mit einer solchen Ausgangslage angenehm ruhig und sachlich in seiner Erzählung. “Arrival” nimmt sich viel Zeit, um den Prozess der Kommunikation in seiner ganzen Langwierigkeit zu schildern und überrascht dabei mit interessanten Ideen und Lösungsansätzen, während das Thema der Aliens fantastisch mysteriös und metaphorisch präsentiert wird.

Die nüchtern inszenierte Darstellung der Aliens und ihrer Raumschiffe löste in mir eine mir nicht ganz erklärbare Melancholie aus, die andere Menschen vielleicht beim Betrachten von besonders inspirierender bildnerischer Kunst empfinden. Die visuelle Sogkraft der gigantischen, glatten und einheitlichen Oberflächen der schwebenden Raumschiffe, der sinnesverwirrende Prozess des Betretens eben jener, das rätselhafte Innenleben, die Darstellung der eigentlichen Außerirdischen; all diese Bildgewaltheit faszinierte mich auf eine Art und Weise, wie es nicht viele Science-Fiction Filme geschafft haben. Das „weniger ist mehr“-Prinzip, das bewusste Offenhalten von spannenden Interpretationsräumen gelingt „Arrival“ grandios. Neben der für sich schon fantastischen Alienthematik, wird hier jedoch gleichzeitig eine sich stetig zuspitzende Story erzählt, die (anders als bei den zuvor erwähnten Filmen) tatsächlich bis zum letzten Moment spannend ist und zudem einen unvorhersehbaren Twist bietet, der mich eiskalt erwischte. Das höchst emotionale Ende gab mir dann den Rest, sodass ich nur hoffen kann, dass der neue Streifen von Denis Villeneuve in der nächstjährigen Oscarnacht großflächig mit Preisen überhäuft wird. „Arrival“ ist mehr als nur ein Science-Fiction Film, es ist eine Ode an die Menschheit und den Humanismus, ein Appell an den globalen Zusammenhalt, eine Liebeserklärung an das Geschenk des Lebens.

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