Sieben Golden Globes Nominierungen. Sieben gewonnene Kategorien. Das Abräumen von diversen Preisen sollte man zwar allgemeinhin nicht als ausschließliches Merkmal für Qualität verwenden, aber wenn es ein Film zudem schafft, seine weltweite Zuschauerschaft für das zugegebenermaßen als Nischengenre titulierbare Musicalkino zu begeistern, scheint dieser seine Sache anscheinend verdammt richtig zu machen. „La La Land“, das neue Machwerk von Whiplash-Regisseur Damien Chazelle, vollführt dieses Zauberstück und ein solcher märchenartiger Zauber ist es auch, der einem als Zuschauer über die knapp zweieinhalb Stunden hinweg zu verführen versucht – und dies auch schafft.
Dabei ist „La La Land“ gar nicht so märchen- oder klischeehaft, wie die, an die goldene Hollywood Ära der Filmmusicals angelehnte Prämisse vermuten lässt. Die beiden Protagonisten Sebastian und Mia, verkörpert von Ryan Gosling und Emma Stone, haben eins gemeinsam – sie haben beide einen Traum, den sie zu verwirklichen versuchen. Mia, die sich mit einem Kassiererjob in einem Café auf dem Warner Bros. Studiogelände über Wasser hält, will den großen Durchbruch in Hollywood schaffen und präsentiert sich dafür bei einem Casting nach dem nächsten – Leider erfolglos. Auch bei Sebastian sind die favorisierten Zukunftspläne mehr schöne Fantasie als Realität. Am liebsten würde dieser eine eigene Jazzbar eröffnen, um dem Musikgenre, das er so verehrt und selbst auch praktiziert, eine Bühne zu bieten, anstatt sich mit Gelegenheitsjobs am Piano in Restaurants seinen Lebensunterhalt zu finanzieren.
Aus dem zufälligem Zusammentreffen der Beiden entspinnt „La La Land“ dann eine selbstreflektierende Liebesgeschichte, die sich ihrer Stilmittel bewusst ist und diese konsequent immer ein Stückchen anders präsentiert, als man es vielleicht vermuten mag. So besteht beispielsweise das erste musikalische Zusammentreffen der Zwei aus einem Tanz- und Gesangsstück, in dem sowohl Sebastian als auch Mia lauthals betonen, wie wenig sie denn zusammenpassen und was für eine verschwendete Nacht es doch für die beiden sei. Trotzdem geht man mit dem Gefühl aus der Szene, dass die Beiden sehr wohl etwas für den jeweils anderen empfinden, was allerdings angenehm subtil vermittelt wird.
Ich muss sagen: Ich bin kein Musical-Fan. Wahrscheinlich bin ich, wie viele andere Filmfans, die sich „La La Land“ angesehen haben, vielmehr dem verheißungsvollen, dem Film vorauseilenden Ruf gefolgt, als meiner Vorliebe für dieses Genre. Und trotzdem konnte auch ich erstaunlich viel mit den Musicalaspekten anfangen. Ich würde sogar sagen, dass ich mich ein Stück weit in den fantastischen Original Soundtrack von Justin Hurwitz verliebt habe. Bereits die Eröffnungszene, die auf einer mehrspurig befahrenen Autobahnstrecke stattfindet und kurzerhand einen leblosen Stau in eine riesige, durchchoreographierte Tanz- und Gesangsszene umwandelt, birgt mit ihrem einleitenden Song Ohrwurm-Potenzial, währenddes der Zuschauer direkt mit einem Knall an die allgemeinen Tonalität von „La La Land“ herangeführt wird.
Mittlerweile kann ich viel besser verstehen, wie es „La La Land“ geschafft hat, so positiv aufgenommen zu werden. Klickte man sich im Vorfeld mit skeptischem Blick durch all die über alle Maßen euphorischen Berichterstattungen im Netz, fühlte man sich beinahe schon an die altbekannte Floskel „don’t believe the hype“ zurückerinnert. Doch soviel sei gesagt, dem Hype wird das Musical mit weiten Schauspielpassagen durchaus gerecht. „La La Land“ ist ein derart runder Film, sodass man nur schwer größere Kritikpunkte finden kann. Der Soundtrack ist wie erwähnt fantastisch, die Kameraarbeit ist kreativ und abwechslungsreich, der Schnitt ist auf Zack und besonders in der Kombination mit der Musik temporeich und mitreißend. Ryan Gosling und Emma Stone leisten zudem ebenfalls ihren Anteil und liefern dem über große Strecken zauberhaften Ton des Films den entsprechenden Prinzen sowie die entsprechende Prinzessin. Und das Ende. Ja, das Ende, dessen Inhalt ich hier nicht weiter erwähnen möchte, aber welches wie der Rest des Films alles einfach einen Tick anders macht, überrascht ebenfalls durch seine mutige Umsetzung.
An einer Stelle , vielleicht 5 Minuten vor Schluss, kamen mir beinahe die Tränen, obwohl ich mir in diesem Augenblick nicht ganz erklären konnte wieso. Die präsentierten Bilder und Erzählungen spielten auf unterbewusster Ebene mit meinen Gefühlen, und erst nach anschließendem sich Gedankenmachen darüber, was die Bedeutung und das Ausmaß dieses Abschlusses waren, konnte mein Intellekt meine Gefühle einholen. Ich rechne es den Machern von „La La Land“ hoch an, dass sie es mit einem solch emotional und intellektuell ambivalenten Ende geschafft haben, dem Film seinen letzten genialen Schliff zu verleihen. „La La Land“ ist ein Machwerk über die Träume von Träumern, über den steinigen Weg zum Glücklichsein und die Frage, was man dafür möglicherweise bereit ist aufzugeben; und sollte definitiv von jedem gesehen werden, der sich für die Filmkunst interessiert.