[52 Games] Thema 50: Allein allein – …unter Irren

Alleine in einem Videospiel unterwegs sein, ist beileibe keine Seltenheit. Auf seiner Heldenreise entwickelt der von jeglicher Hilfe verlassene mutige Heros (oder natürlich dessen weibliche Variante) oftmals erst in seiner völligen Isolation und Alleingelassenheit die nötigen Fähigkeiten, um seinen schier unüberwindbaren, zu bewältigenden Herausforderungen etwas entgegen bringen zu können. Was die Darstellung einer solchen Isolation angeht, so profitieren Spiele, wie so oft, von der Interaktivität des Mediums und eignen sich im idealsten Fall besonders dafür, jenes Gefühl der sozialen Ödnis zu vermitteln. Was beispielsweise im Roman detailliert beschrieben werden muss, wird uns hier als durchgehbarer Raum präsentiert, dessen Umgebung zu erkunden wir eingeladen werden.

 
„Aufräumen“ im Asylum
 

Ich habe tatsächlich eine ganze Weile darüber nachdenken müssen, welche Isolationserfahrung in Videospielen für mich am prägendsten war. Welche Heldengeschichte erweckte in mir ganz besonders das Gefühl, als alleingelassene One-Man-Army durch die Welt zu streifen? Bei längerem Überlegen kam mir eine spezielle Figur immer wieder ins Gedächtnis – ein gewisser Fledermausmann, der ausgestattet mit Kampfpanzer und einem James Bond-esquen Gadgetrepertoire seine Heimatstadt vor den Machenschaften düsterer Gestalten beschützt.

Von allen Rocksteady-Spielen über den capetragenden Superreichen aus Gotham hatte ich mit „Batman: Arkham Asylum“ meinen größten Spaß. Auch wenn Batman in den nachfolgenden Titeln ebenso alleine wie in Arkham durch die Nacht zieht, so vermittelt der 2009 veröffentliche Erstling der Reihe eine ganz besondere Atmosphäre. Zwar ist Batman nicht der einzige noch lebende „good guy“ in der in Unruhe verfallenen Nervenanstalt, aber in keinem der weiteren Teile der Serie hatte ich so sehr den Eindruck, gerade als einzige Hoffnung das verursachte Chaos wieder in den Griff bekommen, den anarchischen und regellosen Zustand „aufräumen“ und den Oberschurken Joker in seine Schranken weisen zu müssen. „Batman: Arkham Asylum“ beweist, vor allem im Kontext seiner auf Open-World getrimmten Nachfolger, welchen Mehrwehrt die lineare Ausrichtung des Spiels der Story rund um die Irrenanstalt verleiht.

 
Omnipräsente Isolation
 

Die triste, leblose Stimmung des Asylums ist omnipräsent und sorgt für eine viel bedrohlichere Atmosphäre, als es beispielsweise die Spielwelten von „Arkham City“ oder „Arkham Knight“ schaffen. Man läuft durch verlassene Gänge, an leeren Zellen vorbei, durch das erweiterte Gelände außerhalb der Nervenanstalt und wird währendes mit einer breiten Riege aus den Comics bekannter Schurken konfrontiert. Vor allem die Grusel- und Horroraspekte der Reihe sind bei „Arkham Asylum“ am hervorstechendsten und unterstützen das Gefühl, gerade auf sich selbst gestellt zu sein. Das abgegrenzte, überschaubare Gebiet sorgt dafür, dass man nach und nach ein Gefühl für seine Umgebung bekommt. Einzelne Orte, die sich in der weitestgehend schlauchig gehaltenen Spielwelt tummeln, stellen sich mit der Zeit als wiedererkennbar heraus. Die Orientierung funktioniert zunehmend unproblematischer und logischer und man beginnt die Metroidvania-artigen Aspekte des Spiels durch die allmähliche Hinzugewinnung komplexerer Skills und Gadgets auszureizen. Dabei wirkt der Plot und Flow von „Arkham Asylum“ (zumindest war dies damals mein Empfinden) unglaublich rund und geschliffen, präsentiert einen fantastischen Spannungsbogen und hat im gleichen Atemzug einige unverbrauchte und neue Ideen in den Videospielkosmos gebracht, sodass man es definitiv als eines der einflussreichsreicheren Spiele der Neuzeit bezeichnen könnte.

Die Isolation des Fledermausmanns wird nicht nur durch das zugrundeliegende Setting des ungemütlichen Hochsicherheitsgefängnisses, sondern eben auch durch die allgemeine Atmosphäre der Storywelt und der vielschichtigen Narration von eben dieser vermittelt. Man selbst, genau wie Batman, wächst auf Arkham mit den eigenen Aufgaben und lernt im Laufe des Spiels seine Charaktere und deren Hintergründe Stück für Stück besser kennen. „Arkham Asylum“ schafft es in einer gelungenen Weise ein Einsamkeitsgefühl zu kreieren, aber gleichzeitig auch eine kompetente Version von Batman zu erschaffen, die als One-Man-Army alles dafür tut, um dem unangenehmen, verlassen wirkendem Gefühl Arkhams wieder zu entrinnen. Somit gelingt Rocksteady mit dem meiner Meinung nach besten Teil der modernen „Batman“-Reihe eine erfolgreiche Gratwanderung zwischen der omnipräsenten Isolation, einer sowohl für den Helden als auch den Spieler angemessen herausfordernden Aufgabe und einer gelungenen Entwicklungskurve, sowohl spielerisch als auch narrativ gesehen.

Vielleicht ist es ganz gut, dass die Reihe nach „Arkham Knight“ nun erst einmal abgeschlossen ist. Aber sollten Warner und Rocksteady noch einmal einen spielerischen Abstecher in die Welt des Retter Gothham’s wagen, würde ich es sehr bevorzugen, wenn sich von der Open-World-Mechanik der aktuelleren Teile verabschiedet und sich mehr auf die Stärken eines „Arkham Asylum“ verlassen werden würde. Und ich denke, dass ich nicht der Einzige bin, der das befürworten würde.

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Dieser Post ist Teil des Blogger-Projekts [52 Games] von zockworkorange. Leider habe ich erst sehr spät von diesem erfahren, aber ich werde dennoch versuchen, mich in den letzten Wochen noch daran zu beteiligen. Was [52 Games] eigentlich ist, könnt ihr hier nachlesen, Zudem gibt es hier noch eine Sammlung der bisherigen Themen und allen Artikeln.

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