Blade Runner 2049 (2017): Kritik – Mehr als nur ein Kultfilm-Replikant

Es passiert heutzutage nicht häufig, dass ich nach dem Kinobesuch eines modernen Blockbusters den Saal mit dem Gedanken verlasse: „Wie gern hätte ich davon jetzt noch mehr gesehen“. Vor allem nicht, wenn der entsprechende Streifen mit beinahe drei Stunden bereits Zeiten überschreitet, bei denen ich bei anderen Filmen bereits lange vor Schluss und mit wedelnden Händen „ABBRUCH, ABBRUCH“, gerufen hätte.

Aber „Blade Runner 2049“ ist kein normaler Blockbuster und Denis Villeneuve, der Regisseur der gerade im Sauseschritt mit jedem weiteren seiner Filme dabei ist, den Olymp der Filmemacher zu erklimmen, auch kein normaler Regisseur, sondern ein außerordentlicher, was er mit seinem neuesten Machwerk abermals unter Beweis gestellt hat.

In Villeneuve I trust

Und dabei hätte man mit „Blade Runner 2049“ so viel falsch machen können. Als tatsächliches Sequel, welches sogar die ehemalige Hauptfigur Rick Deckard (Harrison Ford), als zentrale Figur des Plots implementiert hat, machte es sich der Film im Vorfeld nicht unbedingt leicht.

© Sony Pictures

Dennoch hat Villeneuve ein weiteres Mal unter Beweis gestellt, mit welchem Fingerspitzengefühl er es schafft, eine perfekte Balance aus Epik, Dramatik und beeindruckenden, nachdenklich machenden Bildern zu präsentieren. Der Geist seines Vorgängers macht sich in 2049 die 164 Minuten hinweg stetig bemerkbar, die ruhigen Momente laden zum Sinnieren und zum gemächlichen Aufsaugen der Atmosphäre ein, und durch all die authentisch dreckigen sowie imposanten Szenerien wandelt unser Protagonist Ryan Gosling in seiner Rolle als Replikanten-Jägers K mit gewohnt eindrucksvoller Performance.

Träumen Androiden von Liebe?

Als von seinen Mitmenschen geächteter Jäger alter Replikanten-Modelle fristet K ein tristes Dasein zusammen mit seiner Hologramm-Frau Joi. Die Interaktionen zwischen den beiden wecken Erinnerungen an die Liebesgeschichte zwischen High-Tech-Betriebssystem und Mensch aus „Her“, hieven das Thema jedoch im Kontext von K’s Persona und dem futuristischen Cyberpunk-Setting auf eine neue, zum philosophieren einladende Ebene.

Als K eines Tages im Zuge seiner Arbeit auf eine in der Erde verstecke Kiste eines Farmers stößt, die ein Geheimnis enthält, dessen mögliche Auswirkungen auf die Gesellschaft dramatische Folgen haben könnte, gerät K ungewollt in die Konflikte rivalisierender Parteien, während er in all dem Chaos gleichzeitig auf der Suche nach der Antwort darauf ist, welche Rolle er selbst in diesem Szenario spielt.
Wenn ich aus all den Gründen weswegen man sich „Blade Runner 2049“ meiner Meinung nach definitiv ansehen sollte, einen herauspicken müsste, wäre es definitiv die visuelle Aufbereitung dieses Films, die einfach phänomenal gelungen ist und vor allem im Kino mit starkem Surround-Sound eine extrem immersive, in die Welt von Blade Runner saugende Wirkung erzeugt.

Authentische Zwielichtigkeit

Die basslastigen unkonventionellen Klänge, die zu hören sind, wenn K mit seinem Raumschiff durch die in Regen getauchte düstere Zukunftsversion von Los Angeles an futuristischen Hochhäusern vorbeifliegt, gehen gefühlt einmal durch den ganzen Körper und zeigen damit unverkennbar, in was für einer Welt wir uns befinden.

© Sony Pictures

Die neblig rauchigen Gassen am Boden schließlich, welche K in seinem ikonischen Mantel gekleidet durchwandert, schaffen es zudem mit ihrem Detailreichtum ein Worldbuilding zu präsentieren, welches ich in dieser eleganten Form das letzte Mal in „Mad Max: Fury Road“ erlebt habe.

Ein Genuss für Augen und Verstand

Jede Ecke die uns präsentiert wird offenbart etwas Interessantes, Geheimnisvolles, etwas dass es zu entdecken gilt und von dem ich als Zuschauer unbedingt mehr erfahren möchte. Die Farbgebung, die ausgewählten Einstellungen, welche die bereits kreativ ausgedachten Schauplätze und Szenen noch eindrucksvoller präsentieren als sie ohnehin sind, die perfekt geschriebenen Dialoge, Harrison Fords Darbietung vergessen geglaubter Schauspieltalente: „Blade Runner 2049“ bietet ein so reichhaltiges Kontingent an Qualitäten, dass es mich als Fan einer solchen, mittlerweile selten gesehenen Art der Inszenierung und Narration in Filmen absolut traurig macht, zu sehen, wie sehr der Film gerade an der Kinokasse floppt.

Zumindest unter Cineasten und Kritikern scheint jedoch momentan ein beinahe einstimmige Konsens zu herrschen: „Blade Runner 2049“ ist ein genialer Film und gehört zu dem Besten, was wir dieses Kinojahr bisher geboten bekommen haben. Und dieser Meinung kann ich mich nur anschließen.

 © Sony Pictures

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